ÖSTERREICH. „Das Beschliefen also Besteigen sowie Kehren, Patschokieren und kontrollierte Ausbrennen von Rauchfängen, um diese von Ruß zu befreien, sind Handwerkstechniken der Rauchfangkehrer, die bereits im 17. Jahrhundert zum Einsatz kamen und heute noch österreichweit professionell durchgeführt werden. Das Handwerk der Rauchfangkehrer ist zudem eng verbunden mit gesellschaftlichen Ritualen, da sie symbolisch für Glück stehen“, so Peter Engelbrechtsmüller, Bundesinnungsmeister der Österreichischen Rauchfangkehrer anlässlich der Urkundenübergabe zur Aufnahme der Rauchfangkehrer in das österreichische Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes der UNESCO durch UNESCO-Generalsekretärin Patrizia Jankovic in Wien.
Diese betonte die Lebendigkeit des immateriellen Kulturerbes, das einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenleben leistet. Vom Wiener Walzer über Lichtmesssingen im südlichen Niederösterreich bis hin zum Montafoner Dialekt: Derzeit sind 124 österreichische Traditionen im Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes in Österreich dokumentiert.
Historisches Handwerk
Die handwerklichen Tätigkeiten und Techniken rund um das Rauchfangkehren reichen bis ins Mittelalter zurück, und entwickelten sich aus dem zunehmenden Bedarf an Brandschutz in Städten sowie dem Einfluss italienischer Baukultur: Es wurden vermehrt mehrstöckige Stadthäuser mit komplizierten Rauchfangsystemen gebaut. Aufgrund der zunehmenden Komplexität in der Architektur wurde ein spezifisches Fach- und Erfahrungswissen notwendig. Die Reinigung schliefbarer (besteigbarer) Rauchfänge durch Kehrung, Patschokieren und kontrolliertes Ausbrennen waren gefährliche und herausfordernde Tätigkeiten. Die dafür erforderlichen Werkzeuge, wie Kehr- und Rutenbesen sowie Schereisen, werden auch heute noch verwendet.
„Gesellschaftliche Praktiken und traditionelles Handwerk sind wesentliche Bestandteile zur Erhaltung des Kulturerbes. Traditionelles Handwerk in Österreich braucht ein neues Selbstverständnis und mehr öffentliches Bewusstsein für seinen gesellschaftlichen Wert, um erhalten zu bleiben“, unterstrich Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk.
Warum Glücksbringer?
Hintergrund, warum Rauchfangkehrer seit langem als Glücksbringer gelten: Früher galt es als Katastrophe für den Haushalt, wenn der Kamin verstopft war oder schlecht zog. Weder konnten die Mahlzeiten zubereitet werden, noch wurde es warm im Haus, auch eine Vergiftung durch Rauchgase konnte eintreten oder der angesammelte Ruß konnte sich entzünden und so zu einem Wohnungsbrand führen.
In einer solchen Situation brachte der Rauchfangkehrer die Rettung. Er säuberte den Rauchfang und es war wieder möglich zu kochen und zu heizen. Somit war dieser ein gern gesehener Mann, der mit Sicherheit auch Glück in das Leben der Leute brachte.